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„Billige Lebensmittel können wir uns nicht leisten!“
Am 18. September war Agrarwissenschaftler und Nachhaltigkeitsexperte Tobias Bandel vom Beratungsunternehmen Soil & More Gastredner bei Oikopolis am Dialog. Herr Bandel legte anhand praktischer Beispiele die wahren Kosten der Lebensmittelproduktion offen und zeigte, dass an einer Ökologisierung der Landwirtschaft kein Weg vorbeiführt.
Ist es nicht schön, dass unsere Lebensmittel so günstig sind? Dabei sind die wahren Kosten deutlich höher. Sie werden auf die Umwelt, andere Länder und kommende Generationen abgewälzt und machen sich in Form von Bodenschäden, Wasserverschmutzung oder Gesundheitsrisiken bemerkbar. 2011 berechnete der französische Staat im Rahmen einer landesweiten Studie, dass französische Verbraucher im Supermarkt für jeden ausgegebenen Euro einen zusätzlichen Euro an Steuern für die Aufbereitung des durch die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie verschmutzten Wassers zahlen müssen. Das Ergebnis deckt sich mit zahlreichen wissenschaftlichen Daten, u.a. denen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die die tatsächlichen Kosten unserer Lebensmittel auf ein Zwei- bis Dreifaches der aktuellen Preise beziffern.
Was können wir tun?
… Diese Frage stellten sich die über 60 Zuhörenden während Bandels Vortrag. Unstrittig ist, dass die True-Cost-Methode eine unschlagbar akkurate und umfassende Grundlage für fundierte Entscheidungen ist – Verstehen und Handeln liegen oft aber weit auseinander. Ein beherztes Handeln ist auf vielen Ebenen gefragt. So kann z.B. der Gesetzgeber das Buchhaltungsrecht dahingehend ändern, dass etwa Investitionen in das Naturkapital in der Aktivseite der Bilanz aufgeführt werden können. Der Handel kann aktiv werden, indem er aus den naturkapitalbedingten Unternehmensrisiken eine Einkaufspolitik ableitet, die Vorlieferanten nicht im Preis drückt, sondern auf nachhaltige Geschäftsbeziehungen ausgerichtet ist. Den Verbrauchern muss bewusstgemacht werden, dass ein höherer Preis auf dem Kassenzettel ein Vielfaches an Folgekosten an anderer Stelle spart. Über einen bewussten Konsum und eine Minderung der Lebensmittelverschwendung können sie aktiv Einfluss auf ihre Lebensmittelausgaben nehmen.
Übrigens lässt sich der True-Cost-Ansatz beliebig um eine Vielzahl von Indikatoren erweitern. Es lohnt sich nicht nur ein Blick auf das Naturkapital und die damit verbundenen Risiken und Chancen. Auch das Human- und Sozialkapital haben einen entscheidenden ökonomischen Wert, der aus ethischen Gründen vielleicht nicht so nüchtern monetarisiert, jedoch ökonomisch allemal stärker berücksichtigt werden sollte. Dies aber soll ein Thema für einen zukünftigen Dialog im Hause OIKOPOLIS sein…